Berufsstart in Deutschland: Warum so viele Jugendliche den Anschluss verpassen

Trotz des lauten Rufs nach Fachkräften finden viele junge Menschen in Deutschland nicht direkt den Weg in eine Ausbildung. Eine Analyse der Bertelsmann Stiftung deckt auf, wo die Probleme liegen: Viele landen in einer Warteschleife, Unternehmen und Bewerber reden aneinander vorbei und selbst Abiturienten fühlen sich bei der Berufswahl allein gelassen.

Der Übergang von der Schule ins Berufsleben sollte ein Sprungbrett sein. Für zu viele Jugendliche wird er jedoch zu einem Hindernislauf. Anstatt direkt in eine Ausbildung oder ein Studium zu starten, landen sie im sogenannten „Übergangssektor“. Das ist das zentrale Problem, das Experten wie Clemens Wieland von der Bertelsmann Stiftung aufzeigen. Doch was sind die genauen Ursachen für diesen verzögerten Start ins Berufsleben?

Die „Warteschleife“: Zu viele Jugendliche im Übergangssektor

Das System aus vorbereitenden Kursen und Maßnahmen, das eigentlich eine Brücke in die Ausbildung bauen soll, funktioniert oft nicht wie geplant. Anstatt den Einstieg zu erleichtern, wird der Übergangssektor für viele zu einer unfreiwilligen Pause. Wertvolle Zeit geht verloren – sowohl für die jungen Menschen als auch für die Wirtschaft, die dringend Nachwuchs sucht. Experten von Institutionen wie der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und involas bestätigen, dass hier ein erhebliches Potenzial ungenutzt bleibt.

Ein Dialog mit Hindernissen: Firmen und Bewerber sprechen nicht dieselbe Sprache

Ein weiteres Kernproblem liegt in der Kommunikation. Die Analyse zeigt deutlich: „Unternehmen und junge Menschen kommunizieren oft aneinander vorbei.“ Das bedeutet, dass die Erwartungen auf beiden Seiten nicht übereinstimmen. Während Unternehmen über fehlende Bewerber klagen, fühlen sich Jugendliche von den Stellenanzeigen und dem Bewerbungsprozess möglicherweise nicht angesprochen. Es entsteht eine Lücke, die verhindert, dass passende Kandidaten und Ausbildungsbetriebe zueinanderfinden.

Überraschende Erkenntnis: Auch Abiturienten vermissen Orientierung

Man könnte annehmen, dass vor allem Schüler mit schwächeren Abschlüssen Schwierigkeiten haben. Die Daten zeigen jedoch ein anderes Bild: Gerade Abiturientinnen und Abiturienten vermissen am häufigsten Unterstützung bei der Berufsorientierung. Diese Zielgruppe, die eigentlich beste Voraussetzungen für anspruchsvolle Ausbildungen oder duale Studiengänge mitbringt, fühlt sich bei der entscheidenden Weichenstellung für ihre Zukunft im Stich gelassen. Das deutet auf ein systemisches Problem in der Berufsberatung an den Gymnasien hin.

Eine Herausforderung für Politik und Wirtschaft

Diese Probleme gewinnen vor dem Hintergrund des akuten Fachkräftemangels an Brisanz. Wie kann die Politik die Rahmenbedingungen für die nachschulische Bildung so verbessern, dass die Übergänge reibungsloser funktionieren? Die aktuelle Situation ist ein Weckruf. Es braucht eine gemeinsame Anstrengung von Schulen, Unternehmen und Politik, um die Berufsorientierung zu stärken und die Kommunikation zwischen Betrieben und der nächsten Generation von Fachkräften grundlegend zu verbessern. Nur so kann sichergestellt werden, dass junge Menschen schneller und besser ins Berufsleben starten können.

Quelle: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2025/januar/junge-menschen-koennten-schneller-und-besser-ins-berufsleben-starten