Als Kommunikator beobachte und erlebe ich regelmäßig, wie Interessenvertretungen vor der Herausforderung stehen, ihre Erfolge zu kommunizieren, ohne vertrauliche politische Prozesse zu gefährden. In einem von mir geleiteten Workshop bei „DAS Arbeitstreffen der Verbände“ in Ingelheim habe ich mit den Teilnehmern Lösungsansätze für diese Situation erarbeitet.
Verbände und Vereine haben in der politischen Interessenvertretung und der öffentlichen Selbstdarstellung diese Herausforderung: Einerseits müssen sie diskret arbeiten, um in politischen Prozessen erfolgreich zu sein, andererseits wächst der Druck, ihre Arbeit öffentlich sichtbar zu machen. Diese Spannung zwischen „stillem Erfolg hinter verschlossenen Türen“ und „lautem Kommunikationsdruck nach außen“ stand im Mittelpunkt meines Workshops beim Branchentreffen der Verbände.
Grundproblem: Unsichtbare Erfolge
Ich sehe täglich, wie die Arbeit von Verbänden – das Einbringen von Expertise in Gesetzgebungsverfahren und die Moderation verschiedener Positionen – oft im Verborgenen bleibt. Nach meiner Erfahrung gibt es dafür mehrere Gründe: Politische Prozesse sind vertraulich, Erfolge basieren häufig auf leiser Beteiligung, und zu frühe oder zu laute Kommunikation kann wertvolle Türen verschließen.
Gleichzeitig beobachte ich einen steigenden Druck, sichtbar zu sein. Mitglieder wollen Ergebnisse sehen, potentielle Mitglieder wollen den Mehrwert erkennen, Medien fordern einfache Bilder und die Politik verlangt Legitimität. In meiner Tätigkeit sehe ich, wie Verbände zwischen diskreter Wirksamkeit und öffentlicher Inszenierung pendeln – immer auf der Suche nach dem richtigen Weg.
Drei typische Situationen aus der Praxis
In meinem Workshop habe ich drei Szenarien zur Diskussion gestellt, die typische Herausforderungen der Verbandskommunikation veranschaulichen. Drei Fälle wurden in drei Gruppen besprochen und die Ergebnisse anschließend vorgestellt:
Der nicht kommunizierbare Erfolg
Im ersten Fall erreicht ein Verband durch frühe Gespräche im Ministerium, dass ein kritischer Passus aus einem Gesetzesentwurf gestrichen wird. Dieser Erfolg darf jedoch nicht öffentlich gemacht werden, da die politische Lage zu heikel und der Kontakt ins Ministerium zu sensibel ist.
Ein Lösungsansatz kann eine interne Kommunikation sein, die Einblicke in Prozesse statt in konkrete Ergebnisse gibt. Zudem kann stärker über das „Wofür“ statt über das „Was“ kommuniziert werden.
Die wirkungslose Kampagne
Im zweiten Szenario startet ein fiktiver Verband eine aufwändige Social-Media-Kampagne zu einem politisch relevanten Thema. Trotz hoher Interaktionsraten und Sichtbarkeit bleibt die erhoffte Reaktion aus der Politik aus. Ein Abgeordneter kommentiert die Kampagne sogar als nicht zielführend.
Hier kann ein Weg sein, Kampagnen als Teil eines umfassenderen Kommunikationsplans zu konzipieren, klare politische Zielgruppen zu definieren und digitale Kommunikation mit klassischen Lobbyinstrumenten zu verbinden.
Der Moment der Eskalation
Im dritten Fall wird ein wichtiges Gesetz angekündigt, ohne dass der betroffene Verband eingebunden wurde. Der interne Druck auf die Kommunikationsabteilung steigt, sofort zu reagieren – sei es durch Öffentlichkeitsarbeit, einen offenen Brief oder eine Pressekonferenz.
Denkbar ist hier zum Beispiel das Konzept der „Eskalation mit Augenmaß“: eine gezielte Ansprache sowohl der Öffentlichkeit als auch der Politik, die Mobilisierung von Partnern statt eines Alleingangs und eine sorgfältige Formulierung der Botschaften.
Prinzipien für erfolgreiche Verbandskommunikation
In meiner Arbeit als Kommunikationsberater habe ich festgestellt, dass es keinen universellen Kommunikationsweg gibt. Dennoch haben sich in meinem Workshop einige grundlegende Prinzipien herauskristallisiert:
- Strategie sollte wichtiger sein als die Wahl des Kommunikationskanals
- Neben Ergebnissen sollten auch Prozesse kommuniziert werden
- Intern ist Vertrauensbildung zentral, extern die Relevanz der Botschaften
- Nicht jeder Erfolg eignet sich für die Öffentlichkeit
Diese Prinzipien helfen, den Balanceakt zwischen politischer Wirksamkeit und öffentlicher Wahrnehmung besser zu meistern und die Kommunikationsstrategie entsprechend anzupassen.
In den Workshops selber hatte ich allerdings weniger das Ergebnis im Fokus. Vielmehr ging es mir darum, die unterschiedlichen Perspektiven der Teilnehmenden in der Gruppe zusammen zu bringen und so Learnings für jeden Einzelnen und jede Einzelne zu schaffen.